IM BANNE DER BANNER: FAHNENSCHWINGEN
Was wäre eine Älplerchilbi, ein Jodler- und Schwingfest oder eine 1.-August-Feier ohne Fahnenschwingen? Wir «schwingen» uns von Fakten zu Fakten und werfen mit unserem «Traditionentester» Peter Bolliger einen Blick auf eine der ältesten Nationalsportarten.
In zwei Stunden zum Fahnenschwinger?
Kann man den traditionellen Schweizer Sport in so kurzer Zeit lernen? Peter Bolliger wagte den Versuch und liess sich von zwei versierten Fahnenschwingern trainieren. So viel vorab: An seiner Koordination muss er definitiv noch
arbeiten …
Hesch gwüsst
2023 feierte die Fahnenschwingergruppe Wilihof ihr 40-Jahre-Jubiläum. Logisch, dass die rund 19 Mitglieder am Zentralschweizer Jodlerfest 2024 in Sempach Teil des grossen Festumzugs waren.
BRAUCHTUM MIT WEHENDEN FAHNEN
In der Schweiz gehört Fahnenschwingen zum Brauchtum bei religiösen, zivilen und militärischen Feierlichkeiten. Das prächtige Schauspiel wird meist untermalt von folkloristischen Klängen des Alphorns oder durch Jodellieder. Naheliegend also, dass diese Schweizer Tradition seit 1910 durch den Eidgenössischen Jodlerverband gefördert wird.
DIE GROSSE KUNST DES FAHNENSCHWINGENS
Auch wenn es aussieht, als gehe es «leicht und zufällig von der Hand», sind die Art und Abfolge der Schwünge sowie die Dauer streng reglementiert. Typisch Schweizerisch halt. Die fast 100 reglementierten Schwünge werden in stundenlangen Trainings eingeübt und erfordern Kraft, Technik, Beweglichkeit und Konzentration: Leib- und Körperschwünge, Tellerschwünge, Hoch- und Mittelhochschwünge, Bein- und Körperkombinationen, Zuwürfe für Duette, Extra-Schwünge und Kombinationen. Sogar das Format der seidenen Kantons- oder Schweizerfahne ist festgelegt, ebenso wie die Grösse des Kreises, auf dem die Fahnenschwinger*innen stehen dürfen.
von der Tradition zum Wettbewerb
Im Mittelalter war der Sport Privileg städtischer Zünfte, eingeführt durch heimkehrende Söldner aus südlichen Ländern. Im 15. Jahrhundert wurden in ganz Europa Fahnenschwinger-Schulen gegründet. Heute treten Kandidatinnen und Kandidaten in Tracht während dreiminütigen Einzel- oder Duettvorträgen gegeneinander an. Dabei bewertet die Jury den Schwierigkeitsgrad, die saubere Ausführung der Schwünge und die Körperhaltung. Höhepunkt für die Fahnenschwinger-Zunft ist das Eidgenössische Jodlerfest, das alle drei Jahre stattfindet – das nächste vom 26. bis 28. Juni 2026 in Basel. Voraussetzung für die Teilnahme ist eine Qualifikation am eigenen Unterverbandsfest.
Hesch gwüsst
Das Fahnenschwingen auf der Alp diente der Kommunikation unterhalb der Alpbruderschaften und zum Bannen von Unglück. Der Wettbewerbsgedanke entstand, weil die Sennen einander ihr Können zeigen wollten.